23.05.2019 campus-leben

Krimis mit historischem Hintergrund

Der Pendragon Verlag und Autorin Sandra Brökel zu Gast

Der 23. Mai 2019 wird den Auszubildenden des 208. Berufsschulkurses noch lange in Erinnerung bleiben. Zu Gast waren Günther Butkus, Gründer und Verleger des Bielefelder Pendragon Verlags, und die Autorin Sandra Brökel, die ihren 2018 veröffentlichten Roman «Das hungrige Krokodil» vorstellte.

Butkus gab zunächst einen Überblick über Programm und Profil des Pendragon Verlags und sprach über Aufgaben und Stärken kleinerer Verlage. Dabei stellte der literaturbegeisterte Verlagsgründer die Wichtigkeit heraus, eine eigene Handschrift zu entwickeln und sich von anderen abzuheben. Dieser eigenen Maxime folgend, ist der Pendragon Verlag im Programmbereich Krimi nur mit deutschen und amerikanischen Autoren vertreten. Wenn es um «klassische» literarische Titel geht, setzt Butkus ausschließlich auf deutschsprachige Autoren. Ein Buch, das Butkus mitreißt, bringt nicht nur einen spannenden Plot mit, sondern liefert neben der Geschichte selbst auch noch eine Auseinandersetzung mit Geschichte. So kann, wer Andreas Kollenders «Kolbe» liest, etwas über Widerstand im Dritten Reich erfahren, während man in Kerstin Ehmers «Der weiße Affe» etwas über das Berlin der 1920er Jahre erfahren kann. Eine besondere Anforderung, die der Verleger an die bei Pendragon erscheinenden Bücher richtet, sind glaubhafte Figuren. Bei der Gelegenheit musste Butkus aber eingestehen, dass es ihm schwerfällt, sich auf unsympathische Hauptfiguren einzulassen.

Nach der Verlagsvorstellung übernahm nun die Autorin und stellte sich zunächst selbst vor. «Das hungrige Krokodil» ist Brökels literarisches Debüt. Hauptberuflich ist sie als Schreib- und Trauertherapeutin tätig. Der Familienroman, der vor dem Hintergrund des Prager Frühlings 1968 spielt, ist, wie Brökel schon zu Beginn betonte, ein sehr persönliches Buch. Entstanden ist es auf der Grundlage eines 1000-seitigen Manuskripts, das der Prager Arzt Pavel Vodák (1920-2002) hinterlassen hat. Vodák war mit seiner Familie – Ehefrau, Tochter und Schwiegermutter – 1970 auf abenteuerliche Weise aus der Tschechoslowakei nach Deutschland geflohen. Tochter Pavla, genannt Paulchen, war zum Zeitpunkt der Flucht noch ein junges Mädchen. Als sie, bedingt durch die Flüchtlingskrise 2015, ihre eigene Fluchtgeschichte aufarbeiten wollte, wandte sie sich an ihre beste Freundin, Sandra Brökel, um von ihr Unterstützung zu bekommen. Sehr betroffen reagierten die Auszubildenden, als die Autorin berichtete, dass ihre Freundin die Veröffentlichung des Buches nicht mehr erlebt hat. Insofern stellt der Roman auch das Vermächtnis der Familie Vodák dar.

Brökel las zwei besonders charakteristische Stellen, die beide nicht nur einen guten Eindruck von der Erzählung vermittelten, sondern auch deutlich machten, dass der Roman neben einer spannenden und über weite Teile ergreifenden Handlung auch über viel Spannung und zuweilen sogar komische Momente verfügt. Die Autorin hatte den Teil ausgewählt, der vom Einmarsch der Roten Armee in Prag im August 1968 handelt, und die Fluchtgeschichte, die sich im Nachtzug von Rom nach München abgespielt hat. Während Brökels Lesung hätte man eine Stecknadel in der Piper-Lounge fallen hören können. Ihre mehr als gelungene Buchvorstellung rundete die Autorin mit einem kleinen Film ab, der sich mit der Entstehung des Romans beschäftigt. So viel sei gesagt: Schon das Entstehen des Romans ist eine eigene Erzählung, auf die wir uns freuen können. Sandra Brökels zweites Buch ist nahezu abgeschlossen.

Die spektakuläre Lesung ging im Anschluss noch in ein gemütliches Beisammensein über, das die Auszubildenden noch für zahlreiche Fragen an den Verleger und die Autorin nutzten. Der Pendragon Verlag hatte die angehenden Buchhändler und Medienkaufleute noch zu Pizza eingeladen und für Leseexemplare gesorgt. Für beides und den großartigen Abend danken wir dem Pendragon Verlag, Günther Butkus und Sandra Brökel.

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