12.05.2022 campus-leben, veranstaltungen

Eiskalt wie ein Polarwind, heiß wie die Tropen Boliviens

Das Leben von Che Guevaras Rächerin

Am Donnerstag, den 12. Mai 2022, haben Autorin Karin Harrasser und Lektorin Magdalena Schrefel das im Verlag Matthes & Seitz Berlin erschienene Buch «Surazo» vorgestellt. Die Veranstaltung fand online statt und es waren 35 Teilnehmer:innen anwesend.

Nach Überwindung erster Aussprache-Hürden (Harrasser wie Fahrwasser, Surazo wie Sürasó) stellte zunächst Magdalena Schrefel den Verlag Matthes & Seitz Berlin vor, der trotz eines recht kleinen Teams von 11 festen Mitarbeiter:innen etwa 150 Neuerscheinungen pro Jahr publiziert. Erfolge des Verlages waren dabei unter anderem «Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch- depressiven Teenager im Sommer 1969» von Frank Witzel – der dafür 2015 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde – sowie deutsche Übersetzungen internationaler Literatur wie «Yoga» von Immanuel Carrère.

Dann stellte sich Karin Harrasser kurz vor. Die Kulturwissenschaftlerin lebt in Wien und Linz, wo sie eine Professur an der Kunstuniversität innehat. Das Buch «Surazo», das die beiden uns vorstellten, ist ihr Debüt als Autorin. Es beleuchtet das Leben und Wirken der Monika Ertl, die 1973 in Bolivien auf der Straße erschossen wurde. Sie war die Tochter des Fotografen Hans Ertl, der unter anderem als Kameramann gemeinsam mit der Regisseurin Leni Riefenstahl während des Nationalsozialismus für mehrere Propagandafilme verantwortlich war. Umso überraschender ist es, dass seine Tochter sich in Bolivien den marxistischen Revolutionären um Che Guevara anschloss.

Karin Harrasser recherchierte für ihr Buch über das Leben dieser ungewöhnlichen Frau zwei Jahre lang, bevor sie mit dem Schreiben begann. Sie stellte schnell fest, dass von Monika Ertl selbst wenig Texte erhalten sind. Daher war es ihr wichtig, auch nach Bolivien zu reisen und Freund:innen von Monika Ertl direkt zu interviewen. Das Buch ist ein Spagat zwischen geschichtlichen Fakten, fiktiven Dialogen zwischen den Akteur:innen und Erlebnissen und Gefühlen der Autorin selbst, die während der Recherche plötzlich eine Verbindung zu ihrem Heimatort Kufstein feststellte.

Auch fiel Karin Harrasser bei der Recherche auf, wie viele Stimmen über Monika Ertl männlich sind und wie selten Frauen sich zu Wort melden. Daher war ihr Anspruch an das Buch, eine feministische Geschichtsschreibung zu betreiben und Monika Ertl als Frau aus dem Schatten ihres Vaters herauszuziehen und vor allem weibliche Stimmen im Buch zu Wort kommen zu lassen.

Den Titel teilt das Buch sich mit einem Polarwind, der mehrmals im Jahr in den Tropen einfällt, woraufhin es dort schlagartig eiskalt wird. «Surazo» sollte außerdem der Titel von Hans Ertls letztem Film werden. In Karin Harrassers Buch steht er für den Gegensatz von Wärme und Kälte; in Beziehungen und politischem Aktivismus. Wind sei kein Bild sondern ein Gefühl, erklärte die Autorin, man spüre ihn wie die Ereignisse in der Geschichte.

Wir bedanken uns bei Karin Harrasser und Magdalena Schrefel sowie beim Verlag Matthes & Seitz Berlin für dieses außergewöhnliche Buch und den interessanten Abend!

 

 

 

Berichterstattung von Nina Pokoiewski aus dem 223. Block.

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