26.10.2023 campus-leben, veranstaltungen

Aus dem ICE auf die Nominierungslisten der Buchpreise

Ein Abend mit Elena Fischer und Diogenes

 

Der Roman «Paradise Garden» erhielt in diesem Jahr große Aufmerksamkeit. Das Debüt war sowohl für den Deutschen Buchpreis, für das Lieblingsbuch der Unabhängigen und den Debütpreis des Harbour Front Literaturfestivals nominiert. Daher wundert es nicht, dass am Abend des 26.10. etwa 70 Zuschauer:innen in das Libresso des mediacampus strömten, um die Autorin Elena Fischer persönlich zu erleben. Die Autorin war an diesem Abend in Begleitung von Klaus Kaltenbach, Verlagsvertreter von Diogenes, sowie ihrer Agentin Caterina Schäfer.

Nachdem Herr Riverein, der die Abendveranstaltung im Namen des mediacampus leitete, die Gäste begrüßt hatte, nutzte Klaus Kaltenbach die Gelegenheit, Diogenes kurz vorzustellen. Diogenes wird oft als der Lieblingsverlag von Buchhändler:innen betrachtet und kann mittlerweile auf eine einundsiebzigjährige Geschichte zurückblicken. Mit 300.000.000 verkauften Büchern und mehr als 800 Autor:innen ist er einer der größten europäischen Belletristik-Verlage. Einer der bekanntesten Autoren des Verlags ist Loriot, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gehabt hätte. Im Rahmen dieses Jubiläums wies Kaltenbach auf die Ausstellung «Ach was» im Frankfurter Caricatura - Museum für Komische Kunst hin, die noch bis Mai 2024 zu besichtigen ist. Abschließend betonte Klaus Kaltenbach die große Bereitschaft des Diogenes Verlags, Leseexemplare an Azubis im Buchhandel zu schicken, eine Aussage, die unter den Zuhörer:innen mit einem begeisterten Raunen aufgenommen wurde.

Danach übergab er das Wort an die Autorin. Diese erzählte von ihrem Praktikum in einer Buchhandlung. Anschließend folgte die erste Lesung aus «Paradise Garden», in der die Beziehung zwischen Mutter und Tochter sowie der Tod der Mutter thematisiert wurden. Nach dieser Einführung in den Roman berichtete die Autorin von ihrem Weg zum Schreiben und zur Entstehung ihres Debüts. Das Schreiben war für sie schon in ihrer Jugend wichtig, und daher beschloss sie nach dem Abitur kreatives Schreiben zu studieren. Allerdings wurde sie sowohl in Hildesheim als auch in Leipzig abgelehnt. Sie entschied sich um und studierte Komparatistik und Filmwissenschaft in Mainz. Dadurch rückte das Schreiben immer mehr in den Hintergrund, bis sie damit ganz aufhörte. Aber immer, wenn Fischer auf Kulturveranstaltungen zu Gast war, überkam sie eine Art FOMO. Nach dem abgeschlossenen Studium begann sie also täglich auf ihrem Arbeitsweg im ICE zu schreiben. Außerdem nahm sie an der Textwerkstatt von Kurt Drawert teil. Dieser monatliche Workshop, in dem sich mehrere Autor:innen ihre Texte vorstellen, half ihr, eine Regelmäßigkeit des Schreibens und die Performance vor Publikum zu lernen. Mit neunundzwanzig nutzte sie die letzte Chance, am Open Mike teilzunehmen, einem Nachwuchswettbewerb für Schreibende, der jährlich im November in Berlin stattfindet und bei dem vor allem Agent:innen und Lektor:innen im Publikum sitzen. Bei diesem Wettbewerb präsentierte sie bereits einen Teil von «Paradise Garden». Nach dem Open Mike begann die Zusammenarbeit mit ihrer Agentur. Ihre Agentin, Caterina Schäfer, erklärte, dass es ihr schon vor dem Open Mike klar war, dass sie das Buch vertreten möchte. Im Folgenden erklärte sie, wie man Agent:in werden kann, und betonte die Bedeutung von Agenturen im heutigen Literaturbetrieb.

Der Beruf der Agent:in ist nicht geschützt, sodass sich im Prinzip jede:r so nennen kann. Doch Schäfer folgte einem Weg, den man als «klassischen Werdegang» bezeichnen kann. Sie absolvierte ein geisteswissenschaftliches Studium, in ihrem Fall Literaturwissenschaft. Dies sei zwar nicht zwingend erforderlich, aber in der Regel habe man danach keine Ahnung von der aktuellen Literaturbranche. Anschließend folgten Praktika im Buchhandel und Verlag sowie abschließend ein Volontariat in ihrer jetzigen Agentur Copywrite. Die Arbeit der Agent:innen ähnelt der der Lektor:innen sehr, aber Agent:innen haben mehr Freiheiten. Während Lektor:innen an einen Verlag und dessen Programm gebunden sind, können Agent:innen an viele Verlagsprogramme denken. Daher ist eine gute Vernetzung zu Verlagen wichtig für die Agenturen. Die Agenturen leisten eine Art Vorlektorat und präsentieren die Texte dann den Verlagen. Laut Kaltenbach schaffen es kaum noch Bücher ohne Agentur zu den Verlagen. Jeder kann sich bei den Agenturen bewerben, aber bei etwa 1000 Einsendungen bei Copywrite im Jahr ist es unwahrscheinlich, sich durchzusetzen. Schäfer betonte jedoch, dass die Einsendungen sehr ernst genommen werden, auch wenn es keine Möglichkeit gibt, Absagen zu verschicken.

Nach diesem Exkurs in die Welt der Literaturagenturen folgte die zweite Lesung von Fischer. Zum Abschluss des Abends wurden verschiedene Fragen aus dem Publikum beantwortet. Fischer gab einen Einblick in die Inspiration für ihr Buch, die sich aus verschiedenen Impulsen zusammensetzt, aber keine autobiographischen Erfahrungen beinhaltet. Wichtig war für sie, Filmästhetik ins Literarische zu übersetzen. Passend zum Roadmovie des Buches gibt es auch eine Spotify-Playlist.

Wir bedanken uns recht herzlich für diesen sehr schönen und aussagekräftigen Abend und sind schon gespannt auf ein neues Buch von Elena Fischer, welches, wie wir seit diesem Abend wissen, bereits geplant ist. Ein besonderer Dank geht außerdem an Diogenes für die großzügig bereitgestellten Leseexemplare.

Otto Ritter, 230. Block

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